Denn es würde nicht nur eines der letzten Natur- und Naherholungsgebiete in Rheinfelden zerstört; auch aus wirtschaftlicher und finanzpolitischer Sicht macht das Vorhaben keinen Sinn. Das Projekt braucht das ganze Chleigrüt, Grossgrüt und eventuell auch noch die Neumatt: eine Fläche drei bis fünfmal so gross wie die ganze Altstadt. Die alleinigen Nutzungsrechte für 30 bis 50 Jahre (!) an dieser riesigen Fläche will der Stadtrat für läppische 200‘000 CHF im Jahr* an LafargeHolcim verschachern.
Nicht nur der Erlös für die Gemeinde, auch die Wertschöpfung eines Kieswerks ist sehr tief. Ein Kieswerk hat kaum stimulierende Effekte auf unsere Wirtschaft. Es generiert keine Aufträge und damit Mehrertrag für das regionale Handwerk, für das Baunebengewerbe, für IT, Versicherungen, Detailhandel, Gastgewerbe oder Tourismus. Dazu kommt, dass rund um den Bahnhof Möhlin auf Rheinfelder Boden ein Entwicklungsschwerpunkt für Wohnbauten geplant ist. Die Qualität dieser Wohnlage würde substantiell gemindert, wenn anstelle einer intakten Landschaft ein lärmendes und staubendes Kieswerk in der Nachbarschaft stünde. Entsprechend tiefer wären die Mieten und folglich auch die Steuereinnahmen.
Wenn das Gebiet Chleigrüt genutzt werden muss, was ich persönlich nicht hoffe, gäbe es weit bessere Varianten. Nehmen wir an, eine Medizinaltechnikfirma würde sich zum Beispiel anstelle des Kieswerks im Gebiet niederlassen. Direkte und indirekte Steuereinnahmen wären in Kürze höher als der Erlös aus dem Verkauf der Nutzungsrechte am Kies. Die Rheinfelder Wirtschaft würde davon profitieren. Es würden mehr und hochwertigere Arbeitsplätze geschaffen (beim Kieswerk sollen es gerade einmal neun sein, jedoch nicht alle neu geschaffen). Und es würde noch viel Platz bleiben für weitere wirtschaftliche Nutzung.
Wieso der Stadtrat unbedingt ein Kieswerk-Projekt umsetzen möchte, das die gesamte freie Fläche zwischen Rheinfelden und Möhlin verbraucht, bleibt schleierhaft. Dass der FDP dominierte Stadtrat wenig Sinn für Natur und Naherholung hat, überrascht nicht. Dass er aber auch ein finanz- und wirtschaftspolitisch kaum rentables Projekt aktiv unterstützt, lässt mich ratlos.
Stève Piaget
* ohne Baurechtszins für das Gewerbegebiet