Dienstag, 26. Januar 2021

glp Fricktal gegen Grenzschliessung für den kleinen Grenzverkehr

Die glp Fricktal wehrt sich gegen faktische Grenzschliessungen und die willkürliche Trennung gewachsener Lebens- und Arbeitsräume – auch wenn sie über Landesgrenzen hinweg greifen. Stattdessen sollen Corona-Massnahmen mit Augenmass getroffen werden und auf den Fernreisetourismus und Gebiete mit sehr hohen Corona-Fallzahlen fokussieren.

Am 22. Januar 2021 forderten die Präsident*innen der grossen Parteien ein strenges Kontrollregime an den Grenzen, das neu auch für Grenzgänger gelten soll. Dies unter dem Titel “ein konstruktiver Lösungsvorschlag für offene Grenzen und gleichzeitigen Schutz der Gesundheit der Bevölkerung.”

Tönt ja eigentlich gut. Einige der vorgeschlagenen Massnahmen sind insbesondere im Fernverkehr wohl auch sinnvoll. Leider zeugt das Papier aber von wenig Kenntnis, geschweige denn Berücksichtigung der konkreten Lebens- und Arbeitsumstände in Grenzgebieten. Einmal mehr gehen bei den aktuellen Pandemie-Planspielen die Grenzregionen vergessen. Mit den Erfahrungen vom Frühjahr 2020 sind wir hier im Fricktal und in der ganzen Nordwestschweiz mehr als nur gebrannte Kinder. Dieser Vorstoss der nationalen Parteipräsident*innen weckt daher ungute Erinnerungen und sogar Ängste.

Das Dreiland ist ein gewachsener und in sich funktionierender Lebens- und Arbeitsraum. Rund 70’000 Pendler*innen queren jeden Tag die Grenze zur Nordwestschweiz. Nicht wenige arbeiten im Gesundheitswesen oder anderen Berufszweigen, wo sie nicht so einfach auf Homeoffice umstellen können. Für Grenzgänger*innen, geschäftliche Kurzreisende und Tagestourist*innen wird ein "Screeningkonzept in Firmen, in Hotels und im Privaten" vorgeschlagen, dessen Praktikabilität und damit Zuverlässigkeit mit etlichen Fragezeichen zu versehen ist. Vielleicht liesse sich dies in Grossunternehmen noch realisieren. Doch welches KMU hätte die dazu erforderlichen Kapazitäten, Organisation – und Knowhow? Und wer soll die Einhaltung kontrollieren? Und was ist mit stundenlangen Staus am Zoll und den damit für alle verlorenen Stunden?

An eine weitere, überaus wichtige Personengruppe wird nicht mal gedacht: nämlich all die Familien, die über das ganze Dreiland verteilt sind. Diese werden in dem Konzept nirgends erwähnt. Und gerade dies nährt durchaus Skepsis und Besorgnis, sind doch solche transnationalen Familien ein wesentlicher Teil der hiesigen Lebenswirklichkeit. Der Gang über den Rhein ist bei uns so selbstverständlich wie für einen Berner die Fahrt nach Köniz oder für eine Zürcherin nach Schlieren. Und diese werden auch nicht von Tests aufgehalten.

 

Die glp Fricktal fordert daher:

  • Systematische Screenings zur Entdeckung von Mutationen und damit zur Eindämmung der Pandemie sind auf den internationalen Fernverkehr und Gebiete mit sehr hohen Corona-Fallzahlen zu fokussieren.
  • Bei einem allfälligen Testregime an den Grenzen ist klar zwischen Fernreiseverkehr und dem kleinräumigen, nachbarschaftlichen Austausch in gewachsenen Lebens- und Arbeitsräumen wie der Triregio zu unterscheiden.
  • Durch die Massnahmen hervorgerufener zusätzlicher administrativer Aufwand ist für betroffene Arbeitgeber möglichst klein zu halten und insbesondere KMU sind davon zu entlasten.
  • Vom Regierungsrat Aargau verlangen wir, dass er sich für seine Grenzregionen Fricktal und Zurzach einsetzt. Er soll sich bei den Bundesbehörden klar gegen diese Erschwerungen des kleinen Grenzverkehrs stark machen.
  • Generell soll die Schweiz von einer übermässigen Abschottung absehen. Die Schweiz wird sich mit ihrem bis anhin vergleichsweise liberalen und vernünftigen Ansatz ohnehin nicht als "Musterschülerin der Pandemie-Einschränkungen" positionieren können bzw. wollen. Die Bürgerinnen und Bürger danken aber für die beibehaltenen Freiheiten. Dies soll so bleiben.
  • Und zu guter Letzt: Es würde allen grossen Parteien gut anstehen, künftig bei Themen mit grenzüberschreitenden Aspekten ihre Mitglieder und Sektionen in den entsprechenden Regionen vorgängig zu konsultieren. Wir kennen die hiesige Lebensrealität und bringen uns kompetent und engagiert in grenzübergreifenden Themen und Gremien ein.